Josep Garcia, Mitglied des Red Bull KTM Factory Racing Teams, schreckt vor keiner Herausforderung zurück. In dem Bestreben, sich seine Kindheitsträume zu erfüllen, ist er vom Mini-Moto-Rennfahrer und Red Bull Rookie zum Enduro-Weltmeister und zweimaligem Bezwinger des Red Bull Erzbergrodeo aufgestiegen.
Er strebt danach, Spanien zum Sieg beim ISDE zu führen, und hat auch in der Hard-Enduro-Welt noch Rechnungen offen. Auf jeden Fall ist Garcia noch lange nicht am Ende seines Siegeszuges angelangt …
Josep, du hast dich vom Red Bull Rookie zum Enduro-Weltmeister und zweimaligem Bezwinger des Erzbergrodeo gewandelt. Bist du von deinen Errungenschaften auf zwei Rädern selbst etwas überrascht?
Josep Garcia: „Als Kind hatte ich viele Träume. Ich wollte immer schon Weltmeister werden, aber auch bei verrückten Events wie dem Erzbergrodeo ankommen. Bei den Red Bull Rookies zu fahren, war eine Chance, die ich nicht verpassen durfte. Ich erinnere mich noch gerne an die Saison 2011. Auf dem Papier ist es vielleicht ein ungewöhnlicher, wahrscheinlich sogar einzigartiger Weg. Aber so wurde ich zu dem Fahrer, der ich heute bin.“
Wie kamst du zu den Red Bull Rookies und warum hast du dich dann entschieden, auf den Enduro-Sport umzusteigen?
„Vom Asphalt zurück in den Offroad-Bereich zu wechseln, war sicher ungewöhnlich, aber es ist einfach so gekommen. Ich war etwa 14, als ich die Chance bekommen habe, auf Asphalt zu fahren. Also nahm ich sie an. Ich hatte als Kind Mini-Motos probiert und wollte etwas Abwechslung vom Motocross, also schlug ich diesen Weg ein. Ich fuhr ein paar gute Resultate ein, rückblickend habe ich dort aber vor allem gelernt, ein professioneller Sportler zu sein. Ende 2011 tat sich die Möglichkeit auf, in den Enduro-Sport zu wechseln, und ich nahm sie an. Es fühlte sich natürlich an und bis jetzt hat sich meine Entscheidung bezahlt gemacht!“
„Für mich stellen 125er- und 150er-2-Takter das Grundgerüst für alles im Enduro-Sport dar. Es gibt keine besseren Bikes, um dazuzulernen und jeder sollte mindestens ein Jahr auf einem solchen Bike fahren. Dabei lernt man extrem viel, da es mit diesen Bikes am schwierigsten ist, schnell zu sein. Du musst lernen, wie du damit bei allen Bedingungen schnell sein kannst. Heute steigen viele Fahrer zu schnell auf hubraumstärkere Bikes um, was meiner Meinung nach ein Fehler ist. Die Dinge, die du mit einem kleineren 2-Takt-Bike lernst, vergisst du nie.“
Was waren die härtesten Lektionen, die du im Hard-Enduro-Sport lernen musstest? Waren deine Körpergröße und -Masse jemals ein Nachteil?
„Das Härteste war sicher das technische Fahren. Fast alle Top-Fahrer im Hard Enduro haben jahrelange Erfahrung auf dem höchsten Niveau des Sports oder fahren seit ihrer Kindheit Trial. Ich habe diese Erfahrung nicht und bin außerdem klein. Das war sicher kein Vorteil! Trotzdem werde ich von Jahr zu Jahr besser. Das Setup des Bikes ist extrem wichtig und ich bin Jungs wie Alfredo Gomez dafür dankbar, dass sie mir damit geholfen haben. Das bedeutet mir eine Menge.“
„Das Trefle Lozerien zu gewinnen, war der bisherige Höhepunkt in meiner Karriere. Ich habe 2 Jahre gebraucht, um das zu schaffen. 2018 habe ich viel gelernt und diese Lektionen 2019 auf der Jagd nach dem Ziel verwendet. Dieses Rennen ist eines für Spezialisten, das dürft ihr mir glauben. Es muss einfach alles zusammenpassen. Die Sonderprüfungen im französischen Gras sind einzigartig. Jede Prüfung wird nur einmal gefahren, du musst dir also viel einprägen und weißt eigentlich nie, wo es langgeht. Man fährt also auf Gefühl. Im letzten Jahr hat der Schlamm die Sache erschwert. Mich bei diesen Bedingungen durchzusetzen und der erste nicht-französische Sieger zu werden, war deshalb ein besonders magischer Moment.“
„Heute sehen für mich selbst extreme Prüfungen einfach aus. Früher war ich immer nervös, aber mit der Erfahrung im Hard Enduro kann ich heute Sachen, die ich mir früher nie erträumt hätte. Deshalb gehe ich heute technische Abschnitte viel selbstbewusster an. Besonders in Sachen Traktion habe ich bei den Hard-Enduro-Rennen besonders viel gelernt. Bei den Anstiegen und auf den Felsen kämpfst du ständig um Traktion. Heute habe ich ein viel besseres Gefühl dafür und kann weiter ans Limit gehen.“
Du schreckst vor keiner Herausforderung zurück. Ist das einer der Gründe für deinen Erfolg?
„Im Enduro-Sport musst du dich Herausforderungen stellen. Davon war ich schon immer überzeugt. Im Enduro-Sport geht es nicht um eine bestimmte Sache, sondern um alle Aspekte. Um ein echter Enduro-Fahrer zu werden, musst du sie alle meistern. Verschiedene Disziplinen zu fahren, hilft dir dabei, dich als Fahrer weiterzuentwickeln. Ursprünglich habe ich fast nur Motocross trainiert, heute ist mein Training umfangreicher. Ich fahre 50% Motocross und Sonderprüfungen und die anderen 50% sind auf Hard Enduro und Trial verteilt.“
„Nach vier Jahren auf der KTM 250 EXC-F war es dieses Jahr an der Zeit, die KTM 350 EXC-F zu probieren. Ich habe auf der 250F viele Erfolge gefeiert und wollte einfach beweisen, dass ich auch auf einem größeren Bike gewinnen kann. Bereits am Anfang, bei den ersten Tests und dem ersten Lauf der spanischen Enduro-Meisterschaft, konnte ich gute Ergebnisse einfahren. Ich kann auf diesem Bike immer noch meinen eigenen Stil fahren, es zwingt mich aber auch dazu, mich in bestimmten Bereichen zu verbessern. Auf perfektem Untergrund kann ich so aggressiv fahren, wie ich es liebe. Wenn es aber technisch wird oder es nass ist, muss ich runder fahren, um schnell zu sein. Ich freue mich darauf, zu sehen, wo ich damit am Ende des Jahres stehen werde.“
„Momentan motiviert es mich, zu sehen, was ich auf der KTM 350 EXC-F erreichen kann, und mich bei den Hard-Enduro-Rennen auf der KTM 300 EXC TPI zu verbessern. Ich möchte wieder auf dem Podium stehen und besondere Rennen wie das Trefle Lozerien oder Hawkstone Park gewinnen. Außerdem will ich den Gesamtsieg beim ISDE holen. Ich habe meine Kategorie schon gewonnen und es in der Gesamtwertung unter die besten Drei geschafft (zuletzt 2019 in Portugal), aber noch nie gewonnen. Das wäre verdammt cool.“
„Ja, natürlich. Und ich denke, dass wir gute Chancen haben. Spanien hat großartige Fahrer und das spanische Team ist so gut aufgestellt, dass es den Kampf mit Australien oder den USA aufnehmen kann. Für mich ist das ISDE ein spezielles Rennen. Es ist das wichtigste Rennen im Classic Enduro und der einzige Termin im Jahr, bei dem du es gleichzeitig mit den besten Classic-Enduro-Fahrern der Welt aufnimmst. Spanien hat das Rennen interessanterweise noch nie gewonnen, aber ich glaube, dass wir bald in der Lage sein werden, das zu ändern und Geschichte zu schreiben.“
Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden Rennen überall gestrichen und es ist derzeit unklar, wann Garcia wieder in der WESS-Enduro-Weltmeisterschaft oder den nationalen Serien antreten wird. Wir freuen uns darauf, ihm in den nächsten Jahren beim Versuch zuzusehen, seine Ziele zu erreichen!